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Gesundheitsmarkt

Diabetes aus Sicht des Gesundheitsmarktes

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Yannick Becker

Yannick Becker ist Bewegungswissenschaftler mit gesundheitsökonomischer Expertise und arbeitet als Market Access Manager. Er ist für den Marktzugang und die Preisgestaltung sowie -verhandlung der digitalen Gesundheitsanwendungen zuständig und unterstützt außerdem in Belangen des Business Developments. Durch die interdiszplinäre Erfahrung im gesundheitswissenschaftlichen sowie -ökonomischen Bereich ist er in vielen DiGA-relevanten Fachthemen eingebunden.

Wie steht es um die Zukunft der Gesundheit und die entsprechende Versorgung in Deutschland? Und welche Rolle spielen Ärztinnen und Ärzte dabei? Gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen im Hinblick auf gesundheitliche Folgen durch den neu erworbenen Wohlstand und den daraus resultierenden modernen Lebensstil erscheinen diese Fragen wichtiger denn je.

Während die Ursachen dieser Entwicklungen schnell identifiziert sind, scheinen Lösungen in Form von neuen innovativen Ansätzen, wie digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA), nur langsam den Weg in die Standardversorgung zu finden – das zeigt uns die stetige Zunahme der Zivilisationskrankheiten. Doch was hält uns auf und wie können uns DiGA helfen neue Wege in der Gesundheitsversorgung in Deutschland zu gehen? 

Der Druck wird steigen

Die Diabeteserkrankung, hier speziell der Diabetes mellitus Typ 2 gemeint, ist eine dieser Zivilisationskrankheiten. Mit nahezu 9 Millionen Betroffenen in Deutschland – Tendenz steigend – sowie einer hohen Dunkelziffer noch unentdeckter Erkrankungen, stellt er eine enorme gesundheitliche und ökonomische Belastung für Mensch und Gesellschaft dar. Denn die anfangs oft symptomlose Erkrankung resultiert unbehandelt in eine breite Palette diverser Folgeerkrankungen, gerade im Herz-Kreislauf- und Nieren-Bereich, die wiederum weiteren Handlungsbedarf erfordern.

Zusammen mit den Nebenwirkungen verschiedener medikamentösen Therapien und der Gewissheit, fortan mit einer chronischen Erkrankung leben zu müssen, sinkt die Lebensqualität der Betroffenen erheblich und die Frage wird groß, ob man nicht früher hätte intervenieren können.

Engpässe und Nadelöhre

Bereits 2020 wurde eine „Nationale Diabetesstrategie“ mit geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der steigenden Zahlen angekündigt. Leider zeigt sich heute, im Jahre 2024, etwas anderes als erwartet. Die nationale Strategie ist weit entfernt davon, ihre Ziele zu erreichen. Doch woran liegt das?

Nationale, aber vor allem internationale Krisen, machten einen Strich durch eine bereits beschlossene Rechnung. Denn im Zuge des Haushaltsentwurfes für 2023 wurden die Ausgaben für Diabetes-Prävention und -Versorgung um mehr als die Hälfte gekürzt, wohl durch anderweitige Engpässe. Kurzfristig scheint dies sinnvoll – aber nicht mittel- und langfristig. Denn so wird sich die Diabeteswelle weiter ausbreiten, Engpässe in der Versorgung verstärken und eine entsprechende Kostenexplosion herbeiführen.

Natürlich ist Diabetes nur eine von vielen Erkrankungen und Baustellen im Maßnahmenplan unserer gesamtnationalen Versorgungsstrategie. Eine konsequente Nichtbeachtung der Diabetes-Entwicklungen kann jedoch dafür sorgen, dass aus einem Problem viele weitere Probleme entstehen, wenn man die Folgeerkrankungen mit einbezieht. Es gilt daher jetzt und auch in Zukunft bestehende Chancen in der Diabetestherapie und -versorgung zu identifizieren und gezielt zu fördern. Aber was können solche Chancen sein? 

Eigentlich wissen wir, was zu tun ist

Während die meisten ohne Probleme die Ursachen nennen könnten, scheint es nicht gleichermaßen einfach, die Gegenmaßnahmen breitflächig zu streuen und umsetzen zu können. Gerade ein Typ-2-Diabetes lässt sich in frühen Phasen durch gezielte Lebensstil-Modifikationen wirksam bekämpfen.

Der Einsatz von Medikamenten sollte laut nationaler Versorgungsleitlinie nicht an erster Stelle stehen. Viel eher sollten die Betroffenen unterstützt werden, den Blutzuckerspiegel in der Basistherapie durch Lebensstilanpassungen auf einem angemessenen Niveau zu halten. Ein erfolgreicher Versuch hierfür: das Disease-Management-Programms (DMP) für Diabetes. Dies beinhaltet neben Betreuung und Beratung Schulungen, die eine Lebensstiländerung unterstützen. Trotz des breiten Angebots scheint dies aber noch nicht ausreichend Wirkung zu entfalten. 

Nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass Schulungsinhalten, die Individualität der Betroffenen und deren Lebensrealitäten nicht ausreichend berücksichtigen können. Wo ist aber nun der Hebel, dass die eigentlich bekannte Lösung im Sinne einer personalisierten Diabetestherapie auch tatsächlich im Alltag umgesetzt werden kann?

Die Grundlage ist bereits geschaffen

Die Erschaffung eines neuen Versorgungszweiges – die der digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) – hat die Möglichkeit geschaffen, eben diese gesellschaftlichen Herausforderungen breitflächig zu adressieren. In Anbetracht der digitalen Entwicklungen hat der Gesetzgeber schon früh bemerkt, dass die Zukunft der Gesundheitsversorgung nicht nur in den aktuellen, klassischen Versorgungsstrukturen liegen kann. Erweitert man hier in den digitalen Bereich, sind nicht nur theoretisch große Wissens- und Schulungsbibliotheken denkbar, sondern auch eine neue Ebene der Therapieüberwachung im Sinne des Arzt-Patientenmonitorings. 

Mit der Ankündigung eines digitalen DMP-Programms signalisiert der Gesetzgeber zudem erste Versuche in diese digitale Richtung: Die Zukunft der Schulung, Dokumentenspeicherung, Terminkoordinierung und das Therapiemonitoring soll mithilfe digitaler Lösungen vereinfacht werden. 

Diese fortschreitende Digitalisierung findet aber auch in der Diabetestherapie Einzug. Wo früher Blutzuckermessstreifen und gepiekte Finger auf der Tagesordnung waren, können heute kontinuierliche Glukosemessgeräte (CGM-Systeme) eine lückenlose Überwachung des Blutzuckerspiegels bieten. Zusammen mit einer entsprechenden Bewertung durch ein Feedback im Ampelsystem, lernen Betroffene zudem ihre Blutzuckerreaktionen auf Mahlzeiten einzuordnen und bekommen dazu personalisierte Ernährungsempfehlungen an die Hand. Durch flexible Wochenziele hilft die App zusätzlich die Empfehlungen Schritt für Schritt in den Alltag zu integrieren und regt dadurch zur Selbstwirksamkeit an. Die DiGA wird somit zum ständigen Begleiter und Lebensstilassistent aus der Hostentasche. Ein Verordnungszeitraum dauert drei Monate und die Diabetes-App kann viermal im Jahr verordnet werden und somit langfristig in den Alltag integriert werden. Der multimodale Therapieansatz vereint die Bereiche Ernährung, Bewegung und Edukation. Durch diverse Videos, das Tracken von Schritten, Verbinden von Wearables sowie verschiedene Wissenslektionen rund um das Thema Diabetes. glucura konnte den medizinischen Nutzen bereits in einer Studie zeigen und stellt somit eine vielversprechende Ergänzung zur Standardbehandlung dar 1.

Fazit

Die DiGA glucura kann mit ihren geprüften Inhalten dabei helfen, personalisierte Lebensstiländerungen im Alltag zu implementieren. Die Studie dazu, die für die Aufnahme in die Erstattungsfähigkeit durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukt (BfArM) durchgeführt wurde, zeigt den therapeutischen Nutzen zusätzlich zur Standardbehandlung. 

glucura kann Patientinnen und Patienten vor allem dann unterstützen, wenn sie zwischen den 3-monatlichen Visiten auf sich allein gestellt sind. Die Diabetes-App gilt als skalierbare Therapie, die gerade durch diesen großen Vorteil bestehende und sich verschärfende Versorgungslücken schließen kann. 

Das Potenzial von DiGA ist jedoch noch nicht vollständig ausgeschöpft, hier gilt es weiterhin, die vorhandenen Chancen zu identifizieren und zu nutzen. Politik, Stakeholder, Behandelnde und Betroffene müssen hier zusammenarbeiten.

Quellen:

  1. Kannenberg, S. et al. Unlocking Potential: Personalized Lifestyle Therapy for Type 2 Diabetes Through a Predictive Algorithm-Driven Digital Therapeutic. J. Diabetes Sci. Technol. 19322968241266820 (2024) doi:10.1177/19322968241266821. 

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