Zum Thema Alkohol und Diabetes kursiert eine ganze Menge Halbwissen. Die einen sagen, Alkohol erhöhe das Diabetes-Risiko, die anderen behaupten, moderate Mengen Alkohol wirke sich sogar bei bestehendem Diabetes eher günstig aus. Wir sagen Dir, warum Alkohol den Blutzucker senkt und wie sich das auf Deinen Typ-2-Diabetes auswirkt.  

Alkohol, Blutzucker & Typ-2-Diabetes

Alkohol ist im gesellschaftlichen Leben fest verankert. In vielen Kreisen gehört er einfach zum Feiern oder Essen dazu: Ob das Glas Wein oder Bier sein muss, hinterfragen dabei die wenigsten.

Wenn Du Diabetes hast und Alkohol trinkst, ist es besonders wichtig, dich mit den Risiken auszukennen. Denn auch wenn Du Dich vielleicht kaum beschwipst fühlst, passiert in Deinem Körper so einiges. Alkohol wirkt sich direkt auf den Blutzuckerspiegel aus und kann zusätzlich auf verschiedenen Wegen den Verlauf Deines Diabetes beeinflussen.

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Warum senkt Alkohol den Blutzuckerspiegel?

Die meisten Menschen wissen, dass Alkohol in der Leber abgebaut wird. Gleichzeitig ist die Leber dafür verantwortlich, Glukose zu speichern und zu produzieren. Das Gehirn ist nämlich darauf angewiesen, dass ständig genug Energie (in Form von Glukose) zur Verfügung steht.

Wenn Du etwas isst, nutzt der Körper die Glukose aus der Nahrung, vor allem aus Kohlenhydraten. Ist die Nahrungsenergie verbraucht, sorgt die Leber dafür, dass das Gehirn trotzdem gut versorgt ist.

Zuerst gibt sie das Glykogen frei: So nennt man die Speicherform von Glukose. Sind die Speicher leer, kann die Leber, unter anderem auf Basis von bestimmten Aminosäuren (Eiweißbausteinen) und Laktat (Milchsäure), auch selbst Glukose herstellen. Das verhindert, dass der Blutzuckerspiegel zu stark absinkt.

Die Leber kann kein Multitasking

Sobald Du Alkohol trinkst, hat die Leber das Ziel, den Giftstoff im Körper so schnell wie möglich abzubauen. Das bedeutet, sie stellt ihre anderen Aufgaben erst einmal hinten an. Das betrifft auch die Gluconeogenese, also die körpereigene Glukose-Produktion.

Zuerst wird der Alkohol zu Acetaldehyd umgewandelt (einer giftigen Zwischenstufe), dann zu Essigsäure. Für diesen Prozess braucht der Körper bestimmte Enzyme. Das wiederum hat zur Folge, dass sich im Inneren der Leberzellen das Verhältnis der Moleküle NAD und NADH drastisch verschiebt.

Ein Überschuss an NADH hemmt Schlüsselenzyme der Gluconeogenese, sodass diese nicht mehr richtig funktionieren kann.

Unterzuckerung durch Alkohol

Dass Alkohol den Blutzucker senkt, liegt also daran, dass der Körper selbst kaum noch Glukose produziert, während er mit dem Alkoholabbau beschäftigt ist. In bestimmten Fällen kann das zu einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) führen.

Besonders tückisch ist, dass diese oft erst Stunden später (zum Beispiel im Schlaf) auftritt. Vor allem für Menschen mit Typ-1-Diabetes, in bestimmten Fällen aber auch für Typ-2-Diabetiker:innen, kann das sogar lebensgefährlich werden.

Alkohol & Diabetes: Wann ist der Risiko besonders hoch?

In diesen Situationen ist der Effekt von Alkohol auf den Blutzucker besonders kritisch:

Auf nüchternen Magen: Wenn Du Alkohol trinkst, ohne vorher etwas zu essen, sind die Glykogenspeicher oft relativ leer. Weil die Leber erst einmal nichts nachliefert, kann der Blutzuckerspiegel dann stark absinken.

Nach Sport oder körperlicher Aktivität: Sport verbraucht Energie in Form von Glukose. Füllst Du die Speicher anschließend nicht wieder auf und trinkst stattdessen Alkohol, kann es durch die blockierte Leberfunktion schnell zu einer Unterzuckerung kommen.

Bei Einnahme bestimmter Medikamente: Falls Du Insulin spritzt oder bestimmte Antidiabetika einnimmst (z.B. Sulfonylharnstoffe), ist das Risiko besonders groß. Weil diese Medikamente den Blutzucker zusätzlich senken, fällt der Blutzucker ohne Glukose aus der Leber möglicherweise noch schneller ab.

Bei sehr kohlenhydratarmer Ernährung: Bei Low-Carb-Ernährung oder Intervallfasten sind die körpereigenen Glukosespeicher oft weniger gefüllt. Das kann den blutzuckersenkenden Effekt von Alkohol verstärken.

Wie Du eine alkoholbedingte Unterzuckerung erkennst

Jetzt weißt Du also, wie und warum Alkohol den Blutzucker senkt. Je mehr und je schneller Du Alkohol trinkst, desto stärker ist der Effekt auf den Stoffwechsel. Ein weiteres Problem ist, dass viele Menschen die Anzeichen einer Unterzuckerung unter Alkoholeinfluss nicht mehr richtig spüren. Von außen wirken die Symptome zudem vielleicht eher, als hättest Du einfach ein Glas zu viel getrunken.

Mögliche Symptome einer beginnenden Unterzuckerung sind:

  • Zittern
  • Schwitzen
  • Blässe
  • Heißhunger
  • Herzklopfen
  • Unruhe oder Nervosität
  • Schwächegefühl

Je stärker der Blutzucker sinkt, desto mehr leidet das Gehirn. Dann zeigen sich möglicherweise Beschwerden wie:

  • Konzentrationsprobleme
  • Schläfrigkeit
  • Sprachstörungen
  • Verwirrtheite
  • Bewusstlosigkeit

Do schützt Du Dich vor einer Unterzuckerung durch Alkohol

Auch mit Diabetes musst Du auf Alkohol nicht unbedingt komplett verzichten. Mit ein paar einfachen Maßnahmen kannst Du das Risiko einer Hypoglykämie deutlich senken:

  1. Trinke nie auf leeren Magen: Wenn Du Alkohol trinkst, dann am besten zu einer Mahlzeit. Falls das nicht möglich sein sollte, iss zumindest einen Snack dazu.
  2. Miss vor dem Schlafengehen Deinen Blutzucker: Wenn Du Alkohol getrunken hast, sollte der Wert vor dem Schlafengehen nicht zu niedrig liegen. Falls Du einen Glukosesensor bzw. ein CGM-System nutzt, stelle am besten den Hypoglykämie-Alarm ein.
  3. Halte schnelle Kohlenhydrate griffbereit: Traubenzucker, Saft oder ein süßer Riegel sollten in greifbarer Nähe sein: vor allem nachts, für unterwegs oder falls Du Dich plötzlich zittrig oder benommen fühlst.
  4. Trinke nicht zu oft und nicht zu viel: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt möglichst vollständig auf Alkohol zu verzichten, da es keine Alkoholmenge gibt, die als risikofrei eingestuft werden kann.
  5. Verzichte möglichst auf zuckerhaltige alkoholische Getränke: Gerade Mischgetränke führen oft dazu, dass der Blutzucker zuerst schnell ansteigt und dann stark abfällt.
  6. Sprich mit Deinen Ärzt:innen: Alkohol kann die Wirkung bestimmter Medikamente beeinflussen. Es ist wichtig, mögliche Wechselwirkungen im Blick zu haben.
  7. Sag den Menschen in Deiner Umgebung Bescheid: Gerade bei Feiern oder Ausflügen ist es hilfreich, wenn Familie oder Freunde wissen, wie sie Dir im Notfall helfen können.
Abb.: Risiko für negative Gesundheitsfolgen in Abhängigkeit vom Alkoholkonsum – welche Mengen sind als risikoarm, mit einem moderaten Risiko sowie als riskant anzusehen? (DGE)

Weitere Gründe, mit Diabetes auf Alkohol zu verzichten

Es stimmt, dass Alkohol den Blutzucker senkt. Eine häufige Schlussfolgerung ist deshalb, dass Alkohol für Diabetiker:innen sogar vorteilhaft sein kann. Lange Zeit hieß es zudem, dass geringe bis moderate Mengen Alkohol vor Diabetes schützen und die Insulinsensitivität möglicherweise verbessern können. 

Neuere Studien haben aber ergeben, dass viele der früheren Arbeiten methodische Fehler hatten. Der aktuelle wissenschaftliche Konsensus lautet: Es gibt keine „gesunde“ Menge Alkohol. Wenn Du ab und zu mal ein Glas Wein trinkst, ist das wahrscheinlich kein großes Problem. Grundsätzlich gilt aber: Je weniger Alkohol, desto besser. 

Extra-Kalorien, die Du leicht vermeiden kannst

Auf lange Sicht schadet Alkohol Deinem Stoffwechsel deutlich mehr, als er (scheinbar) nützt. Das beginnt schon mit der Tatsache, dass Alkohol sehr viele Kalorien enthält: In einem Gramm Alkohol stecken 7 Kilokalorien.

Zum Vergleich: Bei Kohlenhydraten und Eiweiß sind es nur 4 kcal pro Gramm. Ein halber Liter Bier hat schon 200 bis 300 kcal, die Du mal so nebenbei zu Dir nimmst. Bei süßen Getränken kann es sogar noch mehr sein.

Regelmäßig Alkohol zu trinken, erhöht das Risiko für Übergewicht. Gerade, wenn Du Diabetes hast, solltest Du das nach Möglichkeit vermeiden, denn Extra-Kilos können die Erkrankung verstärken. 

Alkohol erhöht das Risiko für viele Begleit- und Folgeerkrankungen von Diabetes

Du weißt ja jetzt, dass die Leber doppelt so hart arbeiten muss, wenn Du Alkohol trinkst. Bei regelmäßigem Konsum steigt das Risiko, eine Fettleber oder ein metabolisches Syndrom zu entwickeln: Das sind ohnehin häufige Komplikationen bei Diabetes.

Auch andere Folgeerkrankungen und Komplikationen von Diabetes können durch Alkohol begünstigt werden, darunter zum Beispiel Neuropathien, Herz-Kreislauferkrankungen und bestimmte Formen von Krebs.

Eine große Studie mit über 60.000 Menschen mit Diabetes hat zudem gezeigt, dass Menschen, die Alkohol trinken, eher ihr Diabetes-Management vernachlässigen. Du siehst also: Es gibt viele gute Gründe, mit Alkohol etwas sparsamer umzugehen.

Fazit: Warum Alkohol den Blutzucker senkt

Wenn Du Alkohol trinkst, ist Deine Leber erst einmal damit beschäftigt, ihn abzubauen. Weil sie dann die Glukoseproduktion einstellt oder stark reduziert, kann es sein, dass Dein Blutzucker sinkt: vor allem, wenn Du wenig gegessen oder trainiert hast.

Auch wenn sich das vielleicht gut anhört: Alkohol ist bei Diabetes ganz besonders mit Vorsicht zu genießen. Neben der Gefahr einer späteren Unterzuckerung steigt das Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck, eine Fettleber sowie für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs.

Nach allem, was wir heute wissen, gilt: Kein Alkohol ist aus gesundheitlichen Gründen immer die beste Option. Trotzdem ist es in Ordnung, auch mit Diabetes ab und zu mal ein Glas zu trinken. Zumindest, wenn Du gleichzeitig etwas isst.

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FAQ: Alkohol, Blutzucker & Diabetes

Darf ich als Typ-2-Diabetiker:in Alkohol trinken?

Ja, grundsätzlich gelten mit Diabetes dieselben Empfehlungen wie für stoffwechselgesunde Menschen. Wichtig ist, dass Du nicht auf nüchternen Magen trinkst, Deinen Blutzucker im Blick hast und Dich an die empfohlenen Höchstmengen hältst.

Sind geringe Mengen Alkohol gesund?

Der aktuelle Stand der Wissenschaft ist: Je weniger Alkohol, desto besser. Für die Gesundheit ist es am besten, ganz auf Alkohol zu verzichten. Schon kleine Mengen belasten Leber, Herz und Gehirn und erhöhen das Risiko für verschiedene Erkrankungen: darunter einige, die ohnehin häufige Diabetes-Komplikationen sind.

Warum senkt Alkohol den Blutzucker?

Wenn Du Alkohol trinkst, kümmert sich Deine Leber erst einmal hauptsächlich darum, ihn abzubauen. Dadurch produziert sie kaum noch Glukose, was (gerade, wenn Du wenig gegessen hast) sogar zu einer Hypoglykämie führen kann

Wie schnell sinkt der Blutzucker nach Alkoholgenuss?

Wenn Du Alkohol trinkst, kümmert sich Deine Leber erst einmal hauptsächlich darum, ihn abzubauen. Dadurch produziert sie kaum noch Glukose, was (gerade, wenn Du wenig gegessen hast) sogar zu einer Hypoglykämie führen kann.

Was kann ich tun, um eine Unterzuckerung durch Alkohol zu vermeiden?

Vermeide es, auf nüchternen Magen oder direkt vor oder nach dem Sport Alkohol zu trinken, trinke nicht zu viel und entscheide Dich möglichst für relativ zuckerarme Getränke. Wenn Du nachmittags oder abends Alkohol trinkst, ist es wichtig, vor dem Schlafengehen noch einmal Deinen Blutzuckerspiegel zu messen und evtl. einen kleinen Snack zu essen.

Ist Alkohol gefährlicher, wenn ich Diabetes-Medikamente nehme?

Wenn Du Medikamente nimmst, die den Blutzucker senken, ist das Risiko einer Unterzuckerung durch Alkohol noch höher. Je nachdem, welche Medikamente Du nimmst, kann Alkohol außerdem die Wirkung der Medikamente beeinträchtigen: Bitte sprich dazu unbedingt mit den behandelnden Ärzt:innen.