Viele Menschen, die die Diagnose Diabetes mellitus erhalten, machen sich Gedanken um die möglichen Komplikationen bei Diabetes. Die wohl gefürchtetste ist die Ketoazidose, die überwiegend bei Typ-1-Diabetes auftritt, selten auch bei Typ-2-Diabetes: Bleibt sie unbehandelt, kann sie sogar lebensgefährlich sein. Umso wichtiger ist es, dass du die Symptome der Ketoazidose kennst und im Ernstfall schnell und souverän handelst. Hier erfährst du alles, was du wissen musst.
Diabetische Ketoazidose: Definition
Fehlt bei Diabetes Insulin, können die Zellen die Glukose im Blut nicht richtig in die Zellen aufnehmen. Übersteigt die Glukose (der Zucker) im Blut einen bestimmten Wert, wirft das deinen Stoffwechsel aus der Bahn: Dein Körper beginnt panisch, Fett bereitzustellen. Dadurch entstehen bestimmte Abbauprodukte (Ketonkörper). Werden es zu viele, ist dein Blut irgendwann übersäuert und es kommt zu einer Ketoazidose.
Während sich Gefäßschäden und andere Diabetes-Komplikationen bzw. Folgeerkrankungen meist über einen längeren Zeitraum entwickeln, entsteht eine Ketoazidose innerhalb weniger Stunden. Bei einer akuten Ketoazidose treten extrem hohe Blutzuckerwerte auf. Von einer Überzuckerung (Hyperglykämie) sprechen wir ab Blutzuckerwerten von mehr als 250 mg/dL – bei einer Ketoazidose können es 600 mg/dL oder sogar 1.000 mg/dL werden1. Steigt der Blutzucker so stark an, kann das massive Schäden verursachen und im schlimmsten Fall zu einem diabetischen Koma führen.
Eine Ketoazidose ist eine schwere Stoffwechselentgleisung: Das bedeutet, dein Körper befindet sich in einer absoluten Notsituation. Je weniger Insulin vorhanden ist oder je schlechter Insulin an deinen Zellen wirkt, desto schneller wird die Glukose im Blut zum Problem. Weil die der Körper bei Typ-1-Diabetes selbst kaum noch Insulin produziert, ist das Risiko bei Typ-1-Patientinnen und Patienten am höchsten. Unter bestimmten Umständen kann eine Ketoazidose aber auch Menschen mit Typ-2-Diabetes betreffen. Insbesondere wenn der Diabetes schlecht kontrolliert ist, begleitet von anderen Faktoren wie Infektionen, schwerem Stress oder Traumata 2.
Tritt eine Ketoazidose auf, muss sie deshalb sofort behandelt werden. Je später die Stoffwechselentgleisung erkannt wird, desto gefährlicher ist sie. Zwar sterben heute nur noch sehr wenige Menschen daran – doch schon eine einzelne Ketoazidose kann bleibende Schäden im Gehirn verursachen3. Zum Glück gibt es aber Möglichkeiten, eine Ketoazidose zu verhindern – und Symptome, die dir im Ernstfall helfen, schnell und richtig zu handeln.
Symptome einer Ketoazidose & Werte
Bei einer akuten diabetischen Ketoazidose zeigen sich Hyperglykämie (Überzuckerung), Hyperketonämie (zu viele Ketonkörper im Blut) und eine metabolische Azidose (Übersäuerung des Blutes)4. Zu den Folgen zählen mögliche Gefäßschäden und ein massiver Flüssigkeits- und Elektrolytverlust, der bis zum diabetischen Koma führen kann.
Mögliche Anzeichen und Symptome einer Ketoazidose können sein:
- Trockener Mund und starkes Durstgefühl
- Vermehrter Harndrang und Ausscheiden großer Mengen Urin
- Schnellere und tiefere Atmung
- Müdigkeit oder Verwirrung
- Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen
- Sehstörungen
- Kopfschmerzen
- Süßer oder metallischer Geschmack im Mund
- Fruchtig oder säuerlich riechender Atem
- Anhaltend hoher Blutzucker, der auch durch Insulingabe nicht sinkt5
Das Problem bei Insulinmangel
Insulin ist ein Hormon, das von der Bauchspeicheldrüse produziert wird – genauer gesagt, von den Betazellen des Pankreas. Gemeinsam mit seinem Gegenspieler-Hormon Glukagon reguliert Insulin den Blutzuckerspiegel. Wenn du eine Mahlzeit isst, die Kohlenhydrate enthält, werden diese im Körper zum Einfachzucker Glukose. Ein steigender Glukose-Spiegel im Blut (auch Blutzucker genannt) ist für die Bauchspeicheldrüse das Signal, Insulin auszuschütten.
Glukose ist die wichtigste Energiequelle des Körpers. Damit die Körperzellen sie nutzen können, braucht es allerdings Insulin: Das Hormon wirkt wie ein Schlüssel, der die Zellen öffnet und ihnen signalisiert, dass sie den Zucker aufnehmen sollen. Ist nicht genügend Insulin vorhanden, bleibt die Glukose im Blut.
Das ist das Problem bei Diabetes Typ 1 und 2: Bei Typ-1-Diabetes produziert die Bauchspeicheldrüse aufgrund eines Defekts kein oder zu wenig Insulin. Diese Menschen sind darauf angewiesen, Insulin zuzuführen. Das Kernproblem bei Typ-2-Patientinnen und Patienten ist eine sogenannte Insulinresistenz: Obwohl der Körper Insulin produziert, reagieren die Zellen nicht mehr auf das Signal. Mit der Zeit kann das dazu führen, dass die Bauchspeicheldrüse ermüdet und immer weniger Insulin produziert.
Ursachen & Folgen einer Ketoazidose
Ein zu hoher Blutzuckerspiegel ist aus mehreren Gründen ungünstig. Erstens kann es sein, dass sich die Zuckerteilchen an andere Moleküle anhängen und Gefäßschäden verursachen. Zweitens fehlt dem Körper die Energie aus der Nahrung. Eine Ketoazidose ist die extremste Konsequenz eines Insulinmangels: Um die Zellen trotz Glukosemangel mit Energie zu versorgen, beginnt der Körper, Fett zu verbrennen (Lipolyse).
Was für dich vielleicht zunächst positiv klingt, ist im Übermaß sehr gefährlich: Die freien Fettsäuren gelangen ins Blut, werden von der Leber aufgenommen und in Säuren umgewandelt6. Dabei entstehen Abbauprodukte wie Aceton, das den typischen Ketoazidose-Geruch verursacht. Weil der Körper selbst Glukose herstellt (Glukoneogenese), steigt der Blutzucker weiter. Hält dieser Zustand länger an, kommt es zu Elekrolytverlust, Austrocknung und schlimmstenfalls zum diabetischen Koma.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes kann eine Ketoazidose verschiedene Ursachen haben: Vielleicht war die Insulindosis zu niedrig – oder der Bedarf ist unerwartet gestiegen, ohne dass die Betroffenen es merken. Das passiert zum Beispiel bei akuten Infekten oder übermäßigem Alkoholgenuss7. Sehr hoch ist das Risiko bei Menschen, die noch gar nicht wissen, dass sie Diabetes haben: Dass die Krankheit durch eine Ketoazidose überhaupt erst diagnostiziert wird, ist gar nicht selten.
Bei Typ-2-Betroffenen ist die Gefahr einer Ketoazidose viel geringer, weil der Körper in der Regel noch selbst eine gewisse Menge Insulin produziert. Unter bestimmten Umständen kann sie aber trotzdem auftreten. Es wurde zum Beispiel gezeigt, dass bestimmte Diabetes-Medikamente, sogenannte SGLT2-Inhibitoren, das Risiko einer Ketoazidose erhöhen8. Häufiger ist bei Typ-2-Diabetes aber das sogenannte hyperosmolare Koma: Dabei kommt es zwar nicht zur übermäßigen Bildung von Ketonkörpern, der Zustand ist für Betroffenen aber dennoch sehr kritisch5.
Behandlung der Ketoazidose: Was tun?
Leider sind die Symptome einer Ketoazidose relativ unspezifisch: Wer nicht damit rechnet, schiebt die Beschwerden vielleicht auf andere Ursachen. Welche Symptome auftreten, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Wenn du Diabetes hast, solltest du im Zweifelsfall immer eine Ärztin oder einen Arzt oder den Notruf kontaktieren. Für eine eindeutige Diagnose werden unter anderem Blutzucker, pH-Wert sowie Ketone und Aceton in deinem Blut gemessen.
Falls du merkst, dass dein Blutzucker sehr hoch ist (mehr als 250 mg/dL) und nicht absinken will, kannst du zunächst auch selbst den Ketongehalt in deinem Blut oder das Aceton in deinem Urin messen. Im Handel gibt es dafür spezielle Testreifen zu kaufen. Wichtig: Die Therapie einer Ketoazidose gehört immer in die Hände erfahrener Behandler9!
Sobald du bei dir selbst oder einer Person in deinem Umfeld Symptome wie Teilnahmslosigkeit, Übelkeit oder den typischen Atemgeruch wahrnimmst, solltest du dir Hilfe holen. Für die ersten Schritte zu Hause gibt es das offizielle Ketoazidose-Schema: Mehr Informationen dazu findest du hier5.
Erste Sofortmaßnahmen bei Verdacht auf diabetische Ketoazidose:
- Blutzucker und Keton/Aceton kontrollieren
- Arztpraxis kontaktieren
- Viel trinken (mindestens einen Liter Wasser oder Tee pro Stunde)
- Körperliche Belastung vermeiden
- Regelmäßig Puls und Atmung prüfen
- Ggf. Elektrolyte (Mineralien) zuführen5
- Bei insulin-abhängigem Diabetes kurzwirksames Insulin spritzen
Fazit: Diabetische Ketoazidose
Die diabetische Ketoazidose ist eine schwere Stoffwechselentgleisung, die überwiegend bei Typ-1-Diabetes auftreten kann, selten aber auch bei Typ-2-Diabetes. Wenn dein Blutzucker zu hoch und das Blut übersäuert ist, drohen im schlimmsten Fall ein diabetisches Koma und dauerhafte Schäden.
Die gute Nachricht ist aber, dass sich das oft vermeiden lässt: Wenn du eines der typischen Ketoazidose bemerkst, testest du man zügig die Ketone in deinem Blut. In Abstimmung mit deinen behandelnden Ärztinnen und Ärzten kannst du dann direkt gezielte Gegenmaßnahmen ergreifen.
Noch besser ist es natürlich, eine Ketoazidose oder ein hyperosmolares Koma von vornherein zu verhindern. Wenn du es schaffst, deinen HbA1c-Wert zu senken und deinen Blutzucker stabil zu halten, dein Diabetes also gut eingestellt ist, dann reduzierst du damit auch das Risiko von Diabetes-Komplikationen.
Am besten funktioniert das, indem du deinen Stoffwechsel von Grund auf kennenlernst und Tipps erhältst, wie du deinen Blutzucker niedrig und stabil hältst: Dabei hilft dir direktes Blutzucker-Feedback auf Mahlzeiten und Hilfestellungen, um kleine Änderungen in den Alltag zu integrieren. Du hast Typ-2-Diabetes und das klingt gut für dich? Dann hol dir bei deiner Ärztin oder deinem Arzt ein Rezept für glucura, die Kosten dafür übernimmt deine Krankenkasse. Hast du noch Fragen zu glucura, dann komm gerne auch in unser Webinar.
Quellen
- Überzuckerungen, Ketoazidose und Diabetisches Koma: Anzeichen erkennen, dem Notfall entgegenwirken. diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe https://www.diabetesde.org/ueberzuckerungen-ketoazidose-diabetisches-koma (2010).
- Schellhaas, B. & Haak, T. Diabetische Ketoazidose – erkennen, behandeln, vermeiden. Diabetol. 18, 669–676 (2022).
- Stiefelhagen, P. Ketoazidose hinterlässt bleibende Schäden. CME 16, 24–24 (2019).
- Diabetische Ketoazidose (DKA) – Endokrine und metabolische Krankheiten. MSD Manual Profi-Ausgabe https://www.msdmanuals.com/de-de/profi/endokrine-und-metabolische-krankheiten/diabetes-mellitus-und-andere-st%C3%B6rungen-des-kohlenhydratstoffwechsels/diabetische-ketoazidose-dka.
- Überzuckerung (Hyperglykämie) und Ketoazidose. https://www.diabinfo.de/leben/behandlung/ueberzuckerung-und-ketoazidose.html.
- KB. Diabetische Ketoazidose. Facharztwissen https://www.medicoconsult.de/diabetische_ketoazidose/ (2013).
- Diabetes Deutschland · Diabetische Ketoazidose. https://www.diabetes-deutschland.de/diabetischeketoazidose.html.
- BfArM – Risikoinformationen – Informationsbrief zu SGLT2-Inhibitoren: Risiko einer diabetischen Ketoazidose. https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2015/info-sglt2.html.
- Kaser, S. et al. Therapie der akuten diabetischen Stoffwechselentgleisungen bei Erwachsenen (Update 2023). Wien. Klin. Wochenschr. 135, 237–241 (2023).